Roland Schielke verlässt das Bürgerhaus Bornheide
Sozialarbeit hält fit. Diesen Eindruck vermittelt Roland Schielke, wenn er von seinen Anfängen als Jugendsozialarbeiter erzählt. Kaum zu glauben, dass der energisch wirkende Mann mit dem ergrauten Haar und dem akkurat gestutzten Bart in diesem Januar in den Ruhestand geht – nach 40 Jahren sozialer Arbeit in der Hochhaussiedlung Osdorfer Born in Hamburgs Westen.
Zur Sozialarbeit kam er durch sein Engagement in der Jugendzentrumsbewegung in den 70er Jahren. Freiräume schaffen, selbstbestimmt leben: Das waren seine Ideale. Roland Schielke verfolgte sie professionell weiter. Von 1977 an machte er Jugendarbeit in der Kirchengemeinde Maria-Magdalena mitten in der Hochhaussiedlung, die bereits seit zehn Jahren bestand. Damals ein Vorzeigeprojekt: die Architekten wollten hoch hinaus, um Grünflächen zu erhalten. Das sieht der Besucher noch heute: Der „Born“ ist grün. Aber die Hochhäuser mit den vielen Menschen in Sozialwohnungen wurden bald ein Problemfaktor.
Einsatz für die Menschen im Stadtteil
In Hamburg lebten damals, nach der Sturmflutkatastrophe 1962, noch viele Menschen provisorisch in Gartenhäusern und bezogen erstmals eine moderne Wohnung mit Warmwasserversorgung. Da gab es Mieter, erinnert sich der Sozialarbeiter, die hielten ein Schwein im Badezimmer. In den ersten Jahren zogen aber auch bürgerliche Familien in die Vorstadt. Damals hatte die Kirchengemeinde noch 200 Konfirmanden in einem Jahrgang.
Schon in den achtziger Jahren zogen Mieter, die es sich leisten konnten, weg. Die Siedlung galt als „sozialer Brennpunkt“. Der fast 66-Jährige erzählt vorsichtig darüber. Er lässt nichts auf „seine Leute“ kommen. Gastarbeiterfamilien kamen, in den 90er Jahren die Russlanddeutschen, zuletzt die Flüchtlinge. Roland Schielke leitete inzwischen die Stadtteildiakonie. Wenn er davon erzählt, merkt man ihm an, wie gern er mit Menschen zusammenarbeitet. Er ist ein Macher, der Teams führen kann und sich nach außen hin zurücknimmt.
Abschied mit Sorgen
Die spannendste Phase seines Berufslebens sei der Umbau einer ehemaligen Grundschule zum Bürgerhaus Bornheide gewesen. Eine langwierige und teure Angelegenheit: „Ein bisschen wie die Elbphilharmonie“, lacht der damalige Koordinator der Baustelle. Morgens war er der erste und abends der letzte, berichtet er nicht klagend, sondern begeistert. Seit 2013 organisieren hier 19 Vereine und Initiativen Service und soziale Mitmachangebote. Action sieben Tage die Woche.
Die neue Leiterin des Hauses, Christine Kruse, hat er gut eingearbeitet. Ihre Kompetenz lässt ihn beruhigt gehen. Sorgen macht ihm die soziale Entwicklung. Die Lebensmittelausgabe, die er mit vielen Ehrenamtlichen aufgebaut hat, verteilt Essen an 600 Haushalte. Sie ist die größte in Hamburg. Die Lage vieler Menschen im Osdorfer Born sei trostlos, weiß er. Bei den meisten führe das zur Lethargie. Roland Schielke bedauert das. Er will immer noch Menschen dazu bewegen, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen und etwas aus ihrem Leben zu machen. Ihm selbst ist das in 40 Jahren am Osdorfer Born gelungen.
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